Geschrieben am 02.08.2022

Brief an Schwarzwälder Bote Nagold

Betr.: Kreiskrankenhäuser

Anfang der 2000er Jahre hat die große Politik verkündet, aus Rentabilitätsgründen müssten kleine Krankenhäuser geschlossen und größere Krankenhauseinrichtungen geschaffen werden.


Obwohl unsere Krankenhäuser in Calw und Nagold bis dahin ohne Defizite und zur Zufriedenheit der meisten Patienten gearbeitet haben, wurde ein Institut beauftragt, ein Gutachten über die Krankenhaussituation zu erstellen.


Den Wünschen der großen Politik folgend, hat dieses als Oberländer-Gutachten bekannt gewordene Papier Fusion mit anderen Krankenhäusern vorgeschlagen.


Nach Gesprächen mit vielen möglichen Partnern ist an deren Ende 2006 die Fusion mit den Krankenhäusern Böblingen und Sindelfingen 2006 zustande gekommen.


Als Mitglied im Kreistag habe ich dies heftig und erfolglos bekämpft, weil unsere Krankenhäuser bis dahin ohne Defizit gearbeitet haben und ein Zusammenschluss mit massiven Risiken verbunden ist. In meiner Haushaltsrede dazu wörtlich: ich fürchte, mit dem Beschluss eine Fusion einzugehen, leiten wir ein finanzielles Desaster ein. Ich hoffe, dass ich nicht Recht habe.


Geworben habe ich damals, statt einer Fusion eine Kooperation mit anderen Häusern einzugehen. In unseren Krankenhäusern die Grund- und Regelversorgung auszubauen und insbesondere auf eine gute Diagnostik zu sorgen.


Die von manchen angestrebte Hochspezialisierung habe ich immer in Frage gestellt, weil dafür die Fallzahlen im ländlichen Raum nicht gegeben sind.


Schon nach wenigen Jahren hat sich herausgestellt, dass das Klinikum Südwest nicht funktioniert. Schnell sind die Defizite pro Jahr auf über 20 Millionen angewachsen und sollen aktuell bei 26 Millionen liegen. Auch die Defizite im Kreis sind auf inzwischen über 5 Millionen pro Jahr angewachsen. Das Klinikum hat in Böblingen einen Wasserkopf entwickelt, der viel Geld kostet und auf die einzelnen Häuser umgelegt wird. Darunter eine Planungsabteilung, die wesentlich zu den gewaltigen Kostensteigerungen beim Bauen verantwortlich sind. Beispiel: Umbau Nagold 2014 geplant mit 40 Millionen. Aktueller Kostenstand: 120 Millionen. Beispiel: Neubau Flugfeld: Ursprünglich vorgesehen 400 Millionen, aktueller Stand: 700 Millionen. Prognostiziert nach Fertigstellung: ca. 1 Milliarde.


An einem kleinen Beispiel zeigt sich, wie alles abläuft:

Eine Krankenhausangestellte berichtet, ein verstopftes Waschbecken wollte der zuständige Haustechniker von einem zufällig im Gebäude anwesenden Installateur reinigen lassen. Auf Geheiß der Geschäftsführung musste er einen Antrag an die Bauabteilung nach Sindelfingen schicken. Die hat dann nach einigen Tagen einen (Vertrags)handwerker geschickt. Statt nun darüber nachzudenken, wie man solche Fehlentwicklungen korrigieren kann, wurde fieberhaft nach der Dame gesucht, vermutlich um ihr das Maul zu stopfen.


Auch die Situation der Geschäftsführer spricht nicht für das Klinikum. Im Rhythmus von 2 – 3 Jahren wird ein neuer, hoch bezahlter Geschäftsführer eingestellt und öffentlich mit vielen Lorbeeren ins Amt gebracht. Spätestens 3 Jahre später scheidet er aus dem Amt aus. Über Einzelheiten dazu wurde Stillschweigen vereinbart, auch über die Höhe des goldenen Handschlags erfährt man nichts.


Der vorletzte Geschäftsführer, Dr. Noetzel, hat wesentlich zu den Kostensteigerungen bei den Baumaßnahmen in Calw und Nagold beigetragen und ist dann über Nacht ausgeschieden.


Inzwischen hat mich eine Nachricht aus Ost-Westfalen erreicht mit dem Hinweis, Dr. Noetzel sei jetzt an den dort angesiedelten Kliniken Geschäftsführer und hätte es inzwischen geschafft, Landräte und Kreisrat davon zu überzeugen, die bestehenden, gut funktionierenden Krankenhäuser zu schließen und ein neues Zentralklinikum im Kreis zu bauen.


Offensichtlich sind große Teile der Bevölkerung gegen die geplanten Maßnahmen und es soll dagegen heftig protestiert werden.


Gespannt bin ich, wer sich durchsetzt.

Karl Braun, Haiterbach


Anmerkung:

Wie gesagt, ist die geplante Veränderung ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Wer unsere Krankenhäuser noch abhängiger von Böblingen macht, mit der Folge, dass weitere Kosten entstehen, was letztlich auf Kosten von medizinischem und Pflegepersonal ausgetragen wird. Meine Empfehlung ist, wir verwalten unsere beiden Krankenhäuser wieder selber und machen aus der Fusion mit Böblingen eine Kooperation in Zusammenarbeit z.B. Personalpool, Finanzierung und Verhandlungen mit der Sozialversicherung.